Übergewicht: Warum das ein Problem ist und wie die Lösung aussieht

Ich habe mit meinem Wallach Donar im Dezember 2022 bereits zum dritten Mal innerhalb von vier Jahren den Stall gewechselt. Wegen seines Übergewichts. Weil es nicht anders ging. Mir war es lange sehr unangenehm, dass er „immer noch“ so dick ist. Dass er „auch nicht besser aussieht“ als früher. Dass der Stallwechsel „(mal wieder) nichts gebracht“ hat. Permanent musste ich mir diese Sprüche anhören, habe immer wieder einen Dämpfer bekommen und meine Hoffnung war dahin.

WARUM hat er nicht abgenommen, obwohl ich alles gegeben habe, ihn täglich ordentlich bewegt habe, sogar hochschwanger bis drei Tage vor der Geburt, obwohl ich gelesen und gegrübelt und immer wieder den unbequemen Weg gewählt habe – neuer Stall, neue Hoffnung, es wird bestimmt jetzt besser?!

Auf den richtigen Rahmen kommt es an

Heute weiß ich es: weil der Fütterungs-Haltungs-Bewegungs-Rahmen für ihn nicht gestimmt hat. Weil ich zwar eifrig auf Bewegung geachtet habe (aber auch die sieht heute völlig anders aus als früher), er aber immer noch zu viel und für ihn das falsche Futter hatte. Weil ich nichts von Nord- und Südpferden wusste, weil ich nichts über das Fressverhalten von Pferden wusste und weil ich eine romantisierte Vorstellung vom Weideparadies für alle Pferde im Kopf hatte.

Heute ist es mir nicht mehr unangenehm, dass er „trotz allem“ über die Jahre nicht wesentlich abgenommen hat. Er KONNTE gar nicht abnehmen! Weil er nicht so gehalten und gefüttert wurde wie er es gebraucht hätte. Es tut mir unheimlich leid für ihn, weil ich gerne früher gewusst hätte, worauf es ankommt. Weil ich ihm die gesundheitlichen Probleme, die dauerhaftes Übergewicht leider nach sich zieht, gerne erspart hätte.

Aber ich muss mir keine Vorwürfe machen. Ich habe gehandelt, ich habe gekämpft, ich habe unfassbar viel gelernt und ich habe heute sowohl das Wissen als auch die Möglichkeit ihn so zu füttern, zu halten und zu bewegen, wie er es braucht. Dank ihm bin ich Futterberaterin für Pferde geworden. Und ich hoffe, dass ich mit meinem Wissen möglichst vielen Pferden helfen kann, damit sie gesund werden und bleiben. Damit du als Besitzerin nicht alleine in der Situation sein musst, in der ich lange war.

Wenn du bereits so weit bist, dass du erkennst, dass dein Pferd zu dick ist, bist du den allermeisten Pferdemenschen bereits einen riesigen Schritt voraus. Und das ist toll, das ist der erste große Schritt und du kannst stolz auf dich sein, dass du ehrlich zu dir und deinem Pferd bist! Denn erschreckenderweise werden übergewichtige Pferde oft nicht als solche erkannt und/oder das Problem wird verharmlost.

Dann fallen Sätze wie:

„Das ist ein Pony, die sehen eben so aus.“
„Das sind Muskeln.“
„Das sind seine Gene.“
„Der hat nur schwere Knochen.“
„Das ist ein Barockpferd, der Hals soll so.“
„Er ist doch nur ein bisschen moppelig.“
„Müssen jetzt sogar Tiere dem Schlankheitsideal entsprechen?“

„Besser so als zu dünn.“

Ungelogen, das habe ich alles schon gehört. Und teilweise kann ich diese Aussagen sogar verstehen – vielleicht weiß man es nicht besser, fühlt sich genötigt und denkt, man muss sich verteidigen (denn irgendwie schwingt auch immer der Vorwurf mit: „Warum hast du dein Pferd so dick werden lassen?“) oder man fühlt sich persönlich angegriffen.

 

Meistens kommen sogar alle drei Punkte zusammen. Und das ist ein Problem und es ist traurig – für das Pferd, denn ein dickes Pferd ist nicht pummelig, süß, barock oder schwer gebaut. Es ist krank oder auf dem besten Weg dahin. Leider.

 

Und hier sind ein paar Fakten dazu.

Übergewicht ist keine Lappalie

  • Schon 10% Übergewicht führen beim Pferd langfristig zu massiven gesundheitlichen Problemen (bei einem 500kg Pferd sind das 50kg).

 

  • Fett, das nicht zyklisch wieder abgebaut wird (in der Natur im Laufe des Winters), bildet auf lange Sicht Riesenfettzellen, die u. A. entzündungsfördernde Adipokine in großen Mengen produzieren. Diese lösen auch die Produktion von Cortisol (Stresshormon) aus.

 

  • Fett ist nicht nur „oben drauf“, sondern lagert sich auch um die Organe ein und beeinträchtigt diese in ihrer Funktion.

 

  • Durch hormonelle Dysfunktionen entgleist „der Stoffwechsel“ (es gibt ja mehr als nur einen) und zieht Folgeerkrankungen wie Insulinresistenz, Hufrehe, EMS und PPID (ehem. Equines Cushing Syndrom) nach sich.

 

  • Die Gelenke werden durch Übergewicht stark überstrapaziert und verschleißen stärker, was wiederum Arthrosen begünstigt.

 

Es gibt einen Ausweg: Und der lautet Rationsberechnung und Bewegung

Wie kann nun aber der Ausweg aus dieser Situation aussehen? In erster Linie: Augen auf, sich nicht weiter selbst belügen, sich informieren und handeln (und du bist hier, also noch einmal: Yeah! Du hast den schwierigsten und größten Schritt bereits gemacht). Nach der etwas deprimierenden Nachricht: „Übergewicht ist keine Lappalie“ kommt jetzt die gute Nachricht: Man kann was dagegen tun!

Man muss nur wissen wie, deshalb gibt es hier ein paar erste Ansatzpunkte für dich. Die beiden Schlüssel zum Erfolg sind Rationsberechnung und Bewegung. Immer. Dazu sind folgende Aspekte zu bedenken und je nach individueller Situation evtl. sinnvoll:

  • Weidezeit reduzieren (Vorsicht: kann zu schnellerem Fressen und schlechterem Kauen führen) oder Fressbremse einsetzen (max. 3x zwei Stunden täglich) oder idealerweise vorübergehend ganz streichen. Es gilt immer: das Pferd gut beobachten und nie die Psyche außer Acht lassen!
  • Heunetz verwenden: Dabei ist zu beachten: nicht zu engmaschig, keine zwei übereinander (Was machen die Zähne? Ist die Fressposition physiologisch?).
  • Mischration statt Heu pur: einen Teil der Ration durch Stroh (max. 1/3!) und Äste ersetzen.
  • Fresspausen einlegen: dabei das natürliche Fressverhalten beobachten (Wann und wie schnell frisst mein Pferd? Zu welchen Zeiten und wie lange?), max. drei Stunden am Stück, ggf. mithilfe einer automatischen Heuraufe oder eines anderen Slowfeeders.
  • Das Pferd NIEMALS auf Diät setzen! Sättigung und Fressen in Ruhe mit gründlichem Kauen sind essentiell! Nur so wird genügend Speichel produziert, der wiederum dient als Magenschutz und Stress wird vermieden. Oft werden 1,5kg Raufutter pro 100kg Körpergewicht empfohlen – das ist viel zu wenig!
  • Der Bedarf an Proteinen, Mineralstoffen und Vitaminen MUSS gedeckt sein, lediglich Energie sollte beim übergewichtigen Pferd um ca. 5-10% eingespart werden (Stichwort: Rationsberechnung).
  • Bewegung! Täglich, moderat und mit Trainingsplan. Es bringt überhaupt nichts ein dickes Pferd Runde um Runde galoppieren zu lassen, ganz im Gegenteil, es schadet mehr als es nützt. Training im aeroben Energiesystem, um die Fettverbrennung zu aktivieren lautet hier die Devise,

Das sind die wichtigsten Aspekte ganz grob zusammengefasst. Ich hoffe, sie bieten dir bereits eine gute Orientierung. Und wenn du Hilfe beim Abspecken deines Pferdes brauchst, schreib mich an – dafür bin ich da!

PS: Ich habe noch mehr gute Nachrichten für dich.

Im Hintergrund arbeite ich gerade an einem neuen Angebot, das an genau diesem Punkt ansetzt: gesundes Abnehmen ganzheitlich betrachtet. Auf Instagram und bald auch per Newsletter (du kannst dich auf der Startseite eintragen) halte ich dich auf dem Laufenden.

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