Hölzer und Äste in der Pferdefütterung - FAQ

Als ich in einem Beitrag auf Instagram die Fütterung von Ästen ansprach, erreichten mich schnell eine Menge Fragen dazu. Insbesondere Fragen, die die alltägliche Praxis in den Fokus rücken: Wie viele Äste? Welche? Wo bekomme ich sie her?

 

Ich habe mich riesig darüber gefreut, denn es hat mir gezeigt, dass Menschen, die kritisch nachfragen, weiterdenken und für ihre Pferde aktiv werden wollen, meine Beiträge lesen und sich trauen, ihre Fragen laut zu äußern – das ist super, mach bitte unbedingt weiter so! Gleichzeitig hat es mir aber auch ein Problem aufgezeigt: es gibt zwar viele Beiträge zur Fütterung von Ästen, aber wenig wirklich verlässliches und praxistaugliches Wissen zu dem Thema, das „da draußen“ kursiert. Deshalb möchte ich mich der Sache einmal annehmen – und dabei alle Fragen, die mich erreicht haben, beantworten.

Wozu sind Äste in der Pferdefütterung gut?

Es gibt vor allem zwei Einsatzgebiete für Äste in der Pferdefütterung: zur Beschäftigung, als Knabberholz und zur Abwechslung oder im Rahmen einer Mischration, beispielsweise bei übergewichtigen Pferden. Im zweiten Fall ersetzen Äste einen Teil des Grundfutters, primär um die Energieaufnahme zu reduzieren, ausreichend Rohfaser zu bieten und die Fresszeit zu verlängern – ein Pferd frisst etwa dreimal so lang an 1kg Zweigholz wie an 1kg Heu. Das liegt an dem entsprechend hohen Rohfaseranteil von z.B. ca. 150g pro kg Haselnuss- oder Weiden-Ästen. Darüber hinaus stellen die enthaltene Cellulose und Hemicellulose eine große Bereicherung für die Darmflora dar.

Welche Menge ist geeignet?

Ein Richtwert für die maximale Menge an Hölzern pro Tag liegt bei 2-4g pro kg Körpermasse am Tag – konkret bedeutet das für ein 500kg schweres Pferd: nicht mehr als 2kg Holz. Zwei Kilo – das ist schon eine ordentliche Menge, wenn man bedenkt, dass nicht das Kernholz gefressen wird (das ist zur Fütterung ohnehin ungeeignet), sondern lediglich kleine Zweige bis ca. 2cm Durchmesser, Rinde und ggf. Blätter.

Kann eine zu große Menge am Tag auch schädlich sein, z.B. in Bezug auf Hufrehe oder bei Magenproblemen?

Ähnlich wie bei zu viel Stroh in Relation zum Heu kann auch ein Zuviel an Holz zu Anschoppungen, bzw. Verstopfungen führen. Das sollte man im Hinterkopf behalten und sich grob an den oben genannten Richtwert halten.

 

Bei akuten Magenschleimhautveränderungen gilt die Faustregel: „Nichts Hartes, nichts Heißes und nichts Kaltes.“ In dem Fall sollte also eher nicht auf Holz zurückgegriffen werden, es kann aber nach wenigen Wochen bedenkenlos wieder verfüttert werden.

 

In Bezug auf Hufrehe hält sich hartnäckig das Gerücht, dass nur Totholz verfüttert werden sollte und wenn man sich damit sicherer fühlt, kann man es natürlich so halten, denn je nach Witterung, Jahreszeit und Standort speichern auch die Blätter der Bäume Fruktane ein. Solange ein Pferd mit Hufrehe jedoch keine 2kg Blätter pro Tag frisst, kann man auch hier vollkommen entspannt bleiben.

Sollen Äste mit oder ohne Blätter verfüttert werden? Oder lieber Stammholz als Äste?

Alles ist möglich. Ältere Äste ohne Blätter werden gerne in Totholzhecken verwendet. Diese dienen in erster Linie der Beschäftigung oder der Abwechslung, bieten Lebensräume für kleine Lebewesen, können als Raumteiler oder Schattenspender fungieren und sind ein schönes, naturnahes Element in einem Offenstall. Das Holz darin sollte allerdings alle paar Monate entfernt oder ausgetauscht werden, damit die Totholzhecke ihren Reiz behält und das entsprechende Holz verrotten kann.

 

Äste mit Blättern werden eher frisch nach dem Schnitt verfüttert und werden in der Regel lieber angenommen.

 

Auch Stammholz von geeigneten Bäumen kann interessant sein, wenn man Zugriff darauf hat. Dann knabbern und schälen die Pferde die Rinde ab und haben über einen längeren Zeitraum was davon.

Welche Hölzer sind geeignet?

An geeigneten Hölzern gibt es eine große Auswahl bekannter Büsche und Bäume. Die bekanntesten Hölzer sind Weide, Haselnuss (auch Korkenzieher-Haselnuss), Birke und diverse Obstbäume wie Apfel, Birne oder Kirsche. Auch Erle, Hainbuche, Esche, Linde, Ulme und weitere Bäume können bedenkenlos verfüttert werden.

Welche Hölzer sind ungeeignet oder giftig?

Vorsicht hingegen ist bei Sommerflieder, Kastanie, Forsythie, Walnuss, Platane und schwarzem Holunder geboten. Ein Happen im Vorbeigehen beim Ausritt ist kein Grund zur Panik, doch von diesen Pflanzen sollten und dürfen Pferde nicht fressen, da sie giftig für sie sind. Ein paar wenige Eicheln oder Kastanien sind unbedenklich, doch auch hier gilt: die Dosis macht das Gift!

 

Auch auf die Tanne trifft das zu. Sie ist ungiftig, es sei denn es handelt sich um einen gespritzten Weihnachtsbaum, allerdings ist ein ganzer Baum für eine kleine Pferdegruppe aufgrund der enthaltenen Blausäure zu viel des Guten. Den Weihnachtsbaum im Paddock zu „recyceln“ ist also keine gute Idee.

Müssen die Nüsse an Haselnussästen entfernt werden oder kann das Pferd sie mitfressen?

Die Nüsse an Haselnussästen stellen kein Problem dar und können mitgefressen werden. Wem es besser damit geht, sie vor dem Verfüttern der Äste zu entfernen, kann das natürlich tun, muss sich aber diesbezüglich keine Sorgen machen.

Muss ich täglich Äste füttern?

Dieser Punkt stresst viele Pferdebesitzer, denn im Alltag ist das nur schwer umzusetzen. Die gute Nachricht lautet allerdings: Nein, musst du nicht, wenn es nicht zwingend notwendig für ein Pferd in der Reha nach einem Hufreheschub ist und dessen Bedarf an Rohfaser sich auf keinen Fall über das zur Verfügung stehende Heu decken lässt. Das ist natürlich fast nie der Fall, es gibt immer auch andere Wege – Stroh und zuckerärmeres Heu aus anderen Bezugsquellen zum Beispiel.

 

Du kannst und darfst also Äste füttern wann immer du Zugang dazu hast oder – bei Holz aus dem eigenen Garten – deine Bäume 1x im Monat an verschiedenen Stellen schneiden, um die Pflanzen zu schonen.

 

Da Äste in der Regel in geringen Mengen und in Kombination mit Heu verfüttert werden, müssen sie nicht wie andere Futtermittel langsam eingeführt werden, sondern können und dürfen dann mitgebracht werden, wenn es gerade passt. Und dann muss ja auch nicht gleich alles auf einmal verfüttert werden, sondern je nach Menge über ein paar Tage verteilt.

Wo bekomme ich Hölzer in entsprechender Menge und Qualität und zu einem überschaubaren Preis das ganze Jahr über her?

Nun zu der Frage, die das Vorhaben „Äste fürs Pferd“ leider (und verständlicherweise) oft scheitern lässt: Wo bekomme ich sie her? Darauf gibt es keine pauschale Antwort, denn es kommt natürlich sehr auf den jeweiligen Wohnort, den Standort des Stalls, die Logistik (Auto, kein Auto) an und diese Umstände sehen bei jedem anders aus. Allerdings ist es immer ein guter Ansatzpunkt am Stall selbst nach geeigneten Hölzern Ausschau zu halten (Tipp: die App Flora Incognita hilft bei der Erkennung sämtlicher Pflanzen) und den Stallbesitzer zu fragen, ob der Schnitt an die Pferde verfüttert werden darf.

 

Eine weitere Möglichkeit sind natürlich der heimische Garten, sämtliche Nachbarsgärten, Gärten, an denen man auf dem Arbeitsweg vorbeikommt, Schrebergärten oder Obstgärten. Einfach die Leute ansprechen, freundlich fragen und oftmals sind sie froh, wenn sie ihren Baumschnitt nicht selbst entsorgen müssen und dieser auch noch einen Zweck erfüllt (und zahlen muss man meistens auch nichts).

 

An diesen Schritt kannst du entspannt und ohne Druck herangehen. Ja, es ist manchmal umständlich und nicht immer schön und leicht auf andere Menschen angewiesen zu sein. Aber du musst ja auch nicht jeden fragen. Und du musst nicht täglich Äste besorgen. „Wann immer es gut geht“ ist hier die Devise. Äste und Zweige im öffentlichen Raum zu schneiden (Wald, Feld, Parks, etc.) ist im Übrigen verboten und gilt als Diebstahl, das ist daher also nicht zu empfehlen, egal wie gut die Bäume geeignet wären.

(Wie) müssen Hölzer in die Ration mit eingerechnet werden?

Auch hier darf es unkomplizierter sein als vielleicht gedacht: normalerweise ist es nicht notwendig und lohnt sich entsprechend auch nicht, die Nährstoffe, die in den Hölzern enthalten sind, in die Rationsbilanzierung mit aufzunehmen. Es sei denn es werden täglich große Mengen Äste (zur Erinnerung: max. 2kg pro 500kg Pferd pro Tag) als fester Bestandteil der Ration verfüttert, dann kann man gewisse Tabellen heranziehen und sie anteilig mit einrechnen, doch ähnlich wie bei Gras variieren die Werte je nach Standort, Erntezeitpunkt und Witterung stark.

Fazit

Wer fragt, bekommt Antworten. Bei jeder Frage, die dir zur Fütterung deines Pferdes durch den Kopf geht, kannst du dir sicher sein: diese Frage beschäftigt auch andere, also stell sie immer gerne und ich gebe mein Bestes, sie so gut wie möglich zu beantworten. Ich hoffe, ich kann mit diesem Artikel die Fütterung von Ästen für dich ein wenig greifbarer und praxistauglicher machen, denn sind wir mal ehrlich: die Umsetzung scheitert in aller Regel an der Umsetzbarkeit. Und wenn man sich nicht sicher ist und lieber kein Risiko eingehen möchte, macht man es eben eher nicht – und das ist absolut richtig so! Aber vielleicht ist die Hürde jetzt nicht mehr so groß. Ich bin gespannt und wünsche dir und deinem Pferd viel Spaß dabei!

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